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Z.U.T. 2014
Sunrise Avenue
Seit nunmehr zwei Jahre liebäugele ich nun schon mit diesem Lauf, Z.U.T. Zugspitz Ultra Trail 100 km. Dieses Jahr sollte es nun sein. Das erste Mal, das kein anderer Lauf in die Quere kam und als Vorbereitung für den U.T.M.B. gerade zu ideal. Am Freitag, den 20.06.14 machte ich mich auf den Weg nach Grainau. Viele Teilnehmer sind schon donnerstags angereist. 14:00: Ankunft in Grainau, es regnet in Strömen aber morgen soll das Wetter besser werden. Von meinem Lauftreff sind auch schon drei Mädels da, die sich am Basetrail versuchen. Sie werden es schaffen, da bin ich mir sicher. Um 17:00 mache ich mich auf zur Pastaparty und zum Streckenbriefing. Ich brauche nicht lange zu suchen und freue mich die ganze,verwegene Rasselbande zu sehen. Ich entdecke Schalk, granreserva, Carla Santana,Astra, fraserBS, Waxel, Thor, MC und meine drei Mädels vom Lauftreff Cordula, Mareike und Claudia. Samstag 21.06.14 7:15 Uhr: Der Startschuss fällt, wir wünschen uns alle viel Erfolg. Zum Einlaufen zwei Kilometer durch Grainau und dann hinauf zur Eibseealm. Hey, die Strecke kenn ich doch, schießt es mir durchden Kopf. Die letzten beiden Jahre waren sie Teil der ersten Etappe vom 4Trails. Wir schrauben uns nach oben zum Grenzübergang nach Austria. Der feuchte Dunst lichtet sich und die ersten Sonnenstrahlen dringen auf dem Weg zur Gamsalm zu uns durch. Alles läuft prima, die ersten 20 km sind im Sack, doch jetzt heißt es, Ruhe bewahren und die Körner einteilen. Der erste, lange Anstieg zum Feldernjöchel über die Pestkapelle, im Fokus geht’s nach oben. Die Sicht auf die umliegenden Berge ist fantastisch. Ein Traum, hier oben zulaufen. Beim Downhill zur Hämmermoosalm klingelt mein Handy, wiederwillig schiebe ich den grünen Toutchbutton nach rechts. Das passt jetzt irgendwie garnicht hier in meine Welt, bin gerade völlig weggetreten, gebe mich dem Trail hin!
Wat is? Wer stört?.....Ein befreundeter Läufer aus Koblenz ist dran. Er: Läufst du schon? Ich: Sicher, du Aff!! Bin bei KM 40 und hab schon 2700 Höhenmeter in den Beinen aber, es läuft Er: Ich wollte nur sagen,lauf mit Köpfchen!! Ich: Danke, nur noch 60 km. Tschööö, mir sehn uns!!
Irgendwie hat’s nicht hierher gepasst, war aber doch schön eine bekannte Stimme zu hören. An der Hämmermoosalm mache ich eine kleine Pause von 5 Minuten. Als ich mich auf den Weg mache, kann ich noch MC im Augenwinkel ausmachen, sie ist auch gerade reingekommen. Am Wegesrand steht ein jüngerer Läufer, der sich, so wie es aussieht noch einmal die ganze Verpflegung durch den Kopf gehen lässt. Arme Sau, denke ich. Der Weg zum Scharnitzjoch zieht sich. Ich stelle mir ein Segelflugzeug vor, das sich nach oben treiben lässt, nur das mir irgendwie der nötige Stream fehlt. Flasche leer, leer, leer…. Die Trinkblase ist leer, das zweite Mal für heute. Noch 3 km bis zum Hubertushof. Mich dürstet nach Weißbier. Da schießt es mir durch den Kopf. Bei KM 55 steht doch bestimmt Carla Santanas GöGa. Mann, das wäre was, wenn die ein Erdinger über hätten. Noch 1km, die Zunge klebt…und da steht ER, der Retter, wäre fast vorbei gelaufen. Hey Detlef, du hast nicht zufällig ein Weizen dabei? Doch klar!! J Dieses isotonische Nass läuft meine Kehle hinunter…ups…leer. Das habe ich gebraucht, die Lebensgeister sind zurück, 45 km to go 45!! Es geht Richtung Mittenwald, d.h. ab da nur noch der Basetrail. Wo die anderen wohl sind?? Am Schützenhaus in Mittenwald kurze Rast.Eine Kaffeelänge später geht es zum Frechensee. Eine SMS erreicht mich. Die drei Mädels sind beim Basetrail alle gut durch. Ich atme auf. Das Spiel in Brasilien läuft. Hoffentlich geht den Jungs da drüben nicht die Puste aus. Am Frechensee setze ich die Stirnlampe auf und nehme reichlich vom Buffet des VP7. Ich will gerade los, da sehe ich im Halbdunkel schemenhaft eine bekannte Person. Ist sie es?? Ist sie es nicht?? Doch sie ist es. Da kommt Carla Santana. Sie ist mit sich beschäftigt. Ich tippe ihr auf die Schulter, sie dreht sich um. „Fraggle, du hier?“ „Jau!!“ „Ich bin bergauf nicht mehr so schnell. Komm wir laufen dieletzten 30 km zusammen.“ Es geht den Fahrweg hoch, 1:0 zeigt mein Display an. Yes,weiter so Jungs. Wir laufen mit vier Leuten zusammen. Pling…Pling…1:1, Mist,strengt euch gefälligst ran. Alle reden vom Kälbersteig, für mich ist er Neuland. Mal sehen, die Oberschenkel schmerzen. 2:1 für Ghana, so ein Dreck.Leute, reißt euch am Riemen. Ich tue es ja auch. Schalk ist bestimmt schon im Ziel und kann das Spiel über die Mattscheibe verfolgen. Jau, isser!!
2:2, Geht doch! Ich muss sagen, der Kälbersteig bei Nacht mit 80 km in den Beinen hat es in sich. Wurzeln, Stufen, ich komme mir vor wie in einem Zauberwald. Nur das ich den verdammten Ausgang nicht finden kann.Alles hat ein Ende und der Kälbersteig auch! Der letzte Brecher steht vor uns.Die Alpspitze. Es geht die letzten 1100 Höhenmeter nach oben. Über uns die Sterne. Wie der Balg einer schier unendlichen Ziehharmonika schlängelt sich der Trail gen Himmel. Hey, die Strecke kommt mir bekannt vor. Alles sieht aus wie beim 4 Trails in den vergangenen zwei Jahren. Ist es möglich, dass in der Schwärze der Nacht zu erkennen? Jawohl, isses!! Damit hat der letzte Anstieg seinen Schrecken endgültig verloren. An VP8 kurz die Jacke an, hier ist es frisch. Noch 400 Höhenmeter. Noch 200. Ich kann den Gipfel erkennen. Noch 20 m,10 m. Wir halten inne. Unsere Blicke schweifen nach rechts. Wow… was für ein Anblick. Keine Wolke, ein zartes Orange verwischt sich mit einem dunklen Violett und geht weiter oben in ein Blau über bevor es in einem Schwarz eins mit der Unendlichkeit wird. Da liegt sie vor uns, die längste Sunrise Avenue!! Es folgen 10 km Downhill mit einem der schönsten Sonnenaufgänge, die ich je erlebt habe. Die längste Avenue in Orange. Wäre ich nur eine Stunde schneller gewesen, hätte ich das verpasst. Zum Glück war ich es nicht!! Zusammenreißen und nocheinmal konzentrieren für das letzte Stück. Der Wald spuckt uns aus. Einfach so, das war’s. Die Sonne ist aufgegangen. Wir laufen die letzten 2 km dem Ziel entgegen. Gleich ist alles vorbei. 10 m, 5 m, wir halten uns an den Händen. Unsere Namen werden aufgerufen. Herzlicher Empfang. Das Ding ist im Sack!! Ich bin glücklich, für mich war esein Vorbereitungslauf und auf den letzten 4 Kilometern habe ich mir mehr als einmal die Frage gestellt. In 9 Wochen noch 65 Kilometer und rund 4000 Höhenmeter mehr. Geht das?? Ich denke es geht, wenn der Kopf auf den U.T.M.B. eigestellt wird oder wie Schalk sagt: Jeder Berg hörtirgendwann mal auf.
Es gibt eben Dinge, die kann man nicht kaufen! Ich danke euch allen für ein schönes Wochenende mit derverrückten Trail Bande.
La soledad del corredor
Fraggle |