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WiBoLT oder soweit die Füße tragenEs ist Mittwoch, der 29.05.2013, Kawi und ich sitzen im Auto und sind aufdem Weg nach Wiesbaden. Es regnet in Strömen und es ist kalt. Um 18:00 Uhr istder Start zu einem Event, das es so noch nicht gab. Vor uns liegen 320 km undca. 11.700 Höhenmeter. Ein Nonstop Ultralauf, nein der erste Nonstoplauf übereinen der schönsten Wanderwege in Deutschland, den Rheinsteig. Am Schloss in Wiesbaden stehen alle, die sich noch entschlossen haben,dieses Ding anzugehen. Auf der Liste standen rund achtzig Läufer. Kawi und ich gehen noch etwas essen. Noch zwei Stunden bis zum Start. Ich will endlich los.Die Warterei ist kaum zu ertragen. Wir sehen bekannte Gesichter, kennen Namen. Viele wissen nicht, was vor ihnen liegt. Wir schon!! Es wird hart, sehr hart. Wir checken nochmal die Ausrüstung, der Regen hat nachgelassen. Ich binbereit, wir ALLE sind es. Wir sind bei Km 14, es geht bergab. Kawi und ich lassen es rollen. Es rollt gut, es rollt so gut das wir an einer Abzweigung vorbei rasen. BINGO..... die ersten 1,2 km verlaufen und es ist noch nicht einmal dunkel. Was soll des erst in der Nacht geben? VP1 Schlangenbad: Wir fühlen uns gut, die Orientierung ist wieder hergestellt. Wir nehmen uns 20 min Pause. Wasser auffüllen und für die erste Nacht rüsten. Es geht durch den Rheingau, die Steigungen sind noch annehmbar. Die Nacht bricht herein. Wir schalten unsere Stirnlampen ein. Um uns liegen die sanften Hügel, die zum Weinanbau genutzt werden. "In vino veritas.""Ist das wirklich so?", schießt es mir durch den Kopf. Die Wege sind schlammig. Der Regen der letzten Tage sucht sich über den Rheinsteig den Abfluss. Km 56 Niederwalddenkmal: In der Ferne kann ich die Lichter in einem großen Bogen erkennen, wir kommen dem Rhein näher. Unser nächstes Ziel heißt:Morgendämmerung. Wir müssen uns immer kleine Ziele setzen, zu groß ist die gesamte Distanz. Uusi ist bei uns, wir laufen ein Stück zusammen. Er versorgt uns mit einem Kaffee Shot in kaltem Wasser. Der Morgen bricht über uns herein.Der Rhein liegt vor uns, die Nacht hat uns ausgespuckt. So schön kann Laufensein. VP Lorch: Wurst, Käse, Bier alles, was der Trailrunner so braucht. Wir kommen der Loreley näher. Km 106 Loreley, endlich 13:50 Uhr. Ein kurzer Check der Ausrüstung. Der Wetterbericht für die Nacht sieht nicht gut aus. Sinnflutartige Regenfälle und Sturm. Unwetterwarnung für die zweite Nachthälfte. Wenn 320 km , dann richtig. Im Schlaf zucken meine Beine, suchendem Trail, rutschen.... ich rutsche.... falleeeee..Kawi ist wach und sagt wir müssen weiter. Leichter Regen tanzt im Schein unserer Stirnlampen. Der Ausstoß meines Atems vernebelt mir die Sicht. Es geht nach oben, mal wieder. Wir treffen einen Mitläufer, Martin. Wir drei sind die nächsten Stunden zusammen.Es gießt in Strömen. Wir sind nass bis auf die Haut. Die Trails um Lykershausensind überflutet. Wasser und Schlamm suchen sich unerbittlich den Weg in das Tal. Dummerweise sind wir im Weg. Viele Menschen haben mich schon gefragt, an was man denn bei so langen Läufen denkt. Ich kann euch sagen in dieser Nacht kurz und knapp: Scheiße, Scheiße und noch mehr Scheiße. Km 163: Wir werden von unserem Support betreut. Peter macht einen hervorragenden Job. Danke Peter!! Wir ziehen trockene Shirts an. Es rollt den Berg runter zur Lahn. Wir fliegen wahrlich den Berg herab. "Ich bin der König der Welt", denke ich und wer zum Henker sind Leonardo und Kate? Auf den nächsten 40 km haben wir ein Heimspiel. Der Rheinsteig geht an unserer Haustür vorbei, hunderte Male sind wir diese Abschnitte schon gelaufen. Km 190: Wir nehmen eine Mütze voll Schlaf. Wir werden mit Bier und Kebab versorgt. In Feldkirchen trennen sich unsere Wege. Wir klatschen uns ab, umarmen unsund flüstern uns gegenseitig ins Ohr was keiner so richtig glauben mag. Die nächsten 30 km laufen gut. Die Schmerzen in den Füßen werden nicht schlimmer oder der Körper produziert genug von der eigenen Droge. Ein kurzer Blick auf die Uhr verrät mir die Anzahl der Hönhenmeter. Mehr als 9000, bis jetzt. Km 270: Der letzte VP in Linz, ich telefoniere mit meiner Göga. "Ich brauche noch etwas für durch die Nacht!" Bin ein Stück mit Jörg gelaufen, langsam wird es dunkel. Meine Versorgung ist da. Jörg läuft davon. Meine Familie entlässt ihren Irren eine halbe Stunde später in die dunkle Nacht. Hier erschein die letzte harte Nuss, das Siebengebirge. Hier wartet der RHEX auf mich... und das in der Nacht. Ich schiebe mich zum Auge Gottes hoch. In meinem Kopf hämmert es. Oh. Lord want you buy me a Mercedes Benz..... Ich habe ein Tief. Und was für eins.... Drachenfels, der Morgen dämmert. Die letzte große Hürde, der Petersberg. Ich stürze den Berg herab. Ich fühle wie eine Träne über meine linke Wange läuftund ich weiß, dass ich es schaffe. Es ist vollkommen klar, dass man für solch einen Lauf ein Training braucht.Es sei jedoch gesagt, dass man solch einen Wettkampf nur mit dem Herz undgroßer Leidenschaft bestreiten kann. Mein Dank geht an alle Supporter, die starken Menschen hinter mir, und natürlich an Kawi, Uusi und alle anderen Läufer: Es war mir eine große Ehre!
la soledat del corredor Fraggle
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